Working Paper
Zweites Working Paper | Juni 2019
Antiurbane Utopien. Die Stadt im Diskurs der Rechten
Link zur PDF-Datei (52 Seiten)
Einleitung
Populismus, Demokratie, Stadt. Drei große Themen, die in der gesellschaftlichen Selbstverständigung und in den Sozialwissenschaften fest etabliert sind und die in den letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen haben; man denke nur an Auseinandersetzungen um AfD, Wahlbeteiligung oder Mietenwahnsinn. Wie verhält es sich mit den wechselseitigen Beziehungen zwischen den Konzepten? Populismus kann als Gegenentwurf zur Demokratie verstanden werden, als Kritik einer Entleerung der Demokratie oder umgekehrt als Grundlage von Demokratie. Demokratie ist ihrerseits historisch betrachtet von der Emanzipation der Stadtbürger*innen aus persönlichen Abhängigkeiten nicht zu trennen, und städtisches Leben in seiner Heterogenität und Konflikthaftigkeit erfordert Beteiligung, Selbstorganisation und Aushandlung. Wenn die Stadt ein (demokratisches) Beteiligungsprojekt und auch Demokratie und Populismus in enger Beziehung stehen, dann könnte die Stadt auch der prädestinierte Ort des Populismus sein. Als dieser gelten in der öffentlich geführten Debatte jedoch vor allem die ländlichen Regionen.
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Das erste Working Paper hatte nach dem populistischen Moment in der Stadtentwicklung gefragt. Im Rückgriff auf Forschungen und Studien zur Populismus- und Stadtforschung sind wir dort der These nachgegangen, dass der gesellschaftliche Rechtsruck der letzten Jahre auch deshalb zustande kam, weil die sozialen und politischen Krisenerfahrungen zu- und die Steuerungsfähigkeit der Politik abgenommen haben. Den rechten Diskurs haben wir als Ausdruck und Verstärker der Postdemokratie bezeichnet. Auf Grundlage dieser Überlegung haben wir verschiedene Konfliktfelder der Stadtentwicklung daraufhin untersucht, ob und wie sich dort ein Demokratiedefizit beobachten lässt, das populistische Ressentiments begünstigen und Anschlussstellen für rechte Politikangebote schaffen kann.
Das vorliegende zweite Working Paper geht der Frage nach, ob der rechte Diskurs in der Lage ist, diesen populistischen Moment für sich zu nutzen beziehungsweise wie es ihm gelingt, politische Unzufriedenheit, die sich an Stadtentwicklungsfragen entzündet, umzucodieren. Empirisch umgesetzt wird dieses Vorhaben durch eine systematische Analyse von Beiträgen aus rechten Zeitungen und Magazinen, Internetveröffentlichungen und Dokumenten der parlamentarischen Debatte. In der Durchführung hat es sich als hilfreich erwiesen, die Fragestellung entsprechend zweier analytischer Perspektiven zu differenzieren, welche die Auswertung des Materials leiten: zum einen der Blick auf den Stadtbegriff, den die Autor*innen ihren Ausführungen zugrunde legen; zum anderen die Argumentationsmuster rechter Stadtpolitik, sofern sie im Material freigelegt werden konnten.
Die Analyse, soviel sei vorweggenommen, offenbart den gespaltenen Blick der Rechten auf die Stadt. Sie lehnen Urbanität ebenso ab wie sie sich der Bedeutung des urbanen Raums im Kampf um Deutungshoheit und Sympathisant*innen bewusst sind. Als Brücke dient ihnen der Abgleich zwischen der Stadt, wie sie eigentlich sei (geordnet, wehrhaft, produktiv, monokulturell) und wie sie sich fatalerweise entwickelt habe (unkontrolliert, unüberschaubar, dekadent).
Autor*innen
Peter Bescherer | Anne Burkhardt | Robert Feustel | Gisela Mackenroth | Luzia Sievi
Erstes Working Paper | August 2018
Urbaner Populismus? Das Gefahrenpotential der Stadtentwicklung
Link zur PDF-Datei (30 Seiten)
Einleitung
Rechtspopulismus wird häufig als problematische Haltung von Modernisierungsverlierer*innen in ländlichen und deindustrialisierten Regionen beschrieben. Während der Zuzug in die Städte anhält, bleiben in den Dörfern vor allem ältere Menschen und weniger gebildete Männer zurück. Die abgehängten Bevölkerungsteile neigen dieser Auffassung nach besonders häufig zu autoritären Politikvorstellungen und die Rechten seien die einzigen, die ihnen als ›Kümmerer‹ Aufmerksamkeit entgegenbringen. Tatsächlich scheint ein Blick auf die geographische Verteilung der Stimmenanteile der Partei Alternative für Deutschland (AfD) die These zu bestätigen, dass es sich beim Rechtspopulismus (zur Problematik des Begriffs siehe das erste Kapitel) um die »Rache der Dörfer« handelt (Kaschuba 2016). So erhielt die AfD bei der Bundestagswahl 2017 in den Städten und Stadtregionen weniger Zweitstimmen als in den ländlichen Regionen. Es gibt aber auch Gründe, den Stadt-Land-Unterschied genauer zu betrachten: weiterlesen
Autor*innen
Peter Bescherer | Robert Feustel | Laura Schelenz | Luzia Sievi