Projektbeschreibung
Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Projektlaufzeit: 2017–2020
Das Verbundprojekt PODESTA soll im interdisziplinären Austausch von (öffentlicher) Soziologie und praktischer Philosophie demokratische Antworten auf den Populismus entwickeln. Der Populismus wird dabei als Ausdruck und Verstärker einer Krise der repräsentativen Demokratie betrachtet, die aktuelle Anlässe, aber auch längerfristige strukturelle Gründe hat. Die Ursachen der gesellschaftlichen Spaltung werden empirisch anhand von Konflikten um Stadtentwicklung in Leipzig und Stuttgart analysiert. Von besonderem Interesse ist dabei, wie außerinstitutionelle politische Arbeit helfen kann, die Krise der repräsentativen Demokratie zu bewältigen. In enger Zusammenarbeit mit den beiden Praxispartnern „Leipzig – Stadt für alle“ und „Die AnStifter“ soll das Forschungsprojekt untersuchen, wie sich verschiedene institutionelle und nicht-institutionelle Akteure im Handlungsfeld Stadt mit der populistischen Herausforderung auseinandersetzen. Entscheidend ist hierbei eine Perspektive, die sowohl (soziologisch) die Lebensbedingungen der Akteure untersucht als auch (mit praktischer Philosophie) ihre ethisch-politischen Selbstverständnisse ernst nimmt.
Die empirische Grundlage zur Beantwortung der Forschungsfragen bilden einerseits eine Dokumenten- und Medienanalyse, die den Rechtspopulismus als Ausdruck und Verstärker von Problemen der Stadtentwicklung thematisiert, und andererseits Interviews mit Vertreter_innen städtischer sozialer Bewegungen, der Kommunalpolitik und ‑verwaltung sowie mit Bürger_innen, die Zielgruppe des Rechtspopulismus, aber auch der demokratischen Zivilgesellschaft sind. Die dabei gewonnenen Befunde werden in Teilstudien mit Fokus auf Demokratietheorie (FSU Jena) und politische Ethik (IZEW Uni Tübingen) ausgewertet und zu anwendbaren Modellen für die Praxis aufbereitet.
Teilstudie am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen
Die am IZEW durchgeführte ethische Teilstudie zielt darauf ab, verschiedene Strategien des Antipopulismus zu diskutieren und die komplexen Gründe für das Gelingen oder Misslingen dieser Strategien zu erörtern. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwiefern die moralische Aufladung des politischen Diskurses (sowohl in der Selbstdarstellung der populistischen Akteure als auch in der Argumentation des Antipopulismus) als (un-)geeignetes Mittel zur Überwindung der Demokratiekrise angesehen werden kann. Die Teilstudie des IZEW ist in Stuttgart angesiedelt.
Teilstudie am Institut für Soziologie der Uni Jena
Die Teilstudie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena nimmt theoretische und praktische Ansätze radikaler Demokratie in den Blick. Damit geht die Frage einher, wie eine “Demokratisierung der Demokratie” möglich ist. Wie gehen zivilgesellschaftliche Akteure im urbanen Umfeld die Probleme zeitgenössischer Gesellschaften (Expertokratie, Austeritätspolitik, anhaltende Vermarktlichung) an? Wie können sie dabei die teils berechtigte Kritik an politischen Institutionen aufnehmen, ohne selbst undemokratisch zu werden? Die Analyse teils unkonventioneller Handlungen und Aktionen stadtpolitischer Bewegungen sollen in diesem Sinne genauer analysiert und konzeptualisiert werden.
Forschungsfragen
- Wie kann die Auseinandersetzung mit dem Populismus im Sinne einer innovativen ethisch-politischen Selbstverständigung („Welche Gesellschaft wollen wir sein?“) geführt werden?
- Wie kann eine Verbesserung krisenhafter Lebensbedingungen dazu beitragen, die gesellschaftliche Spaltung zwischen „Volk“ und „Eliten“ zu verhindern?
- Wie setzten sich verschiedene (institutionelle und nicht-institutionelle) Akteure im Handlungsfeld Stadt mit der Herausforderung des Populismus auseinander
- Welche Strategien der “Demokratisierung der Demokratie” entwickeln städtische Initiativen und Bewegungen?
- Wie kann außerinstitutionelle Arbeit helfen, die Krise der repräsentativen Demokratie zu bewältigen?